Nach Feierabend das Telefon und den Zugang zu geschäftlichen E-Mails abschalten?

Noch vor knapp zwanzig Jahren stellte sich diese Frage nicht. Man ging nach getaner Arbeit aus dem Büro und war im Ernstfall für den Chef maximal noch über das heimische Festnetztelefon erreichbar. In der Anfangszeit von Outlook und iPhone gab es noch keine gesellschaftlichen Konventionen, wie man sich hinsichtlich später Anrufe und nächtlicher geschäftlicher E-Mails verhalten sollte. Aber wie sieht das heute aus?

Falsch verstandene Prioritäten

Die Produktivität und vor allem die Effizienz von Arbeit hängen nicht von der ständigen Erreichbarkeit des Arbeiters ab. Psychologen wissen heute, dass es enorm negative Folgen haben kann, wenn ein Mitarbeiter nach seiner täglichen Arbeitszeit nicht abschalten kann, weiter geschäftliche E-Mails bearbeitet, dienstliche Telefonate führt und dadurch nicht entspannt und Stress abbaut. In Ausnahmefällen, wenn die Auftragslage besonders hoch ist, bis zum Feierabend noch nicht alle Probleme des Tages gelöst sind oder andere besonderen Umstände eintreten, ist es durchaus angemessen, auch nach 19 Uhr geschäftliche E-Mails oder dienstliche Telefonate zu beantworten. Das Entscheidende ist, dass dies nicht zum Alltag wird und die Grenzen zwischen Arbeitszeit und privater Auszeit nicht zu sehr verwischen. Ansonsten sind Unsicherheit, nicht erfüllte Erwartungshaltungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Missverständnisse die Folge.

Geschäftliche E-Mails sinnvoll managen

Das schlechte Gewissen, das manche Angestellten haben, wenn sie dienstliche Telefonate ignorieren und geschäftliche E-Mails nicht lesen, obwohl sie doch eigentlich erreichbar sein könnten, lässt sich manchmal auch mit rationalen Argumenten nicht ablegen. Hier kann es sinnvoll sein, sich selbst im E-Mail-Postfach ab 19 Uhr eine Abwesenheitsnotiz einzutragen, mit dem Vermerk, dass Mails am darauffolgenden Tag gelesen werden, wenn das Büro wieder geöffnet ist. Diensthandys können mit einer gleichlautenden Ansage der Mailbox und anschließender Abschaltung ohne schlechtes Gewissen fit für den Feierabend gemacht werden.

Auch viele Chefs gehen inzwischen dazu über, den Zugang zu den Mailaccounts ihrer Mitarbeiter nach Büroschluss zu sperren, um übereifrigen Angestellten den Druck des scheinbaren Erreichbarseinmüssens zu nehmen. Entscheidend ist, dass dieses Verhalten Mitarbeitern und Geschäftspartnern gegenüber transparent kommuniziert wird, um Missverständnisse zu vermeiden. Eine gesunde Work-Life-Balance ist schließlich ein hervorragender Indikator für Erfolg und ein Zeichen dafür, die neuen Medien sinnvoll in den Arbeitsalltag integriert zu haben.